Inhaltsverzeichnis
Aktualisiert zuletzt am 14. Februar 2022
1) Im Zug nach Kosice: Die ehemalige Kulturhauptstadt Europas
Eins fällt mir sofort auf, als ich im Zug von Bratislava nach Kosice sitze: Die Landschaft gefällt mir im Osten der Slowakei besser als im Westen. Die saftig grünen Hügel, die kleinen Dörfer und die Wälder entlang der Strecke heben sich deutlich gegenüber der von Landwirtschaft, Weinbau und Feldern geprägten Szenerie um Bratislava ab. Noch weiß ich nicht, was mich in Kosice erwartet.
Die Stadt, die 2013 Kulturhauptstadt Europas war, scheint kaum ein anderer Backpacker zu besuchen. Eine junge slowakische Frau betritt mein Abteil. Sie fängt sofort ein Gespräch mit mir an. Sie studiert in Österreich, kommt aber aus Kosice. Die slowakische Regierung, so sagt sie, interessiere sich für den Osten der Slowakei nicht. Für die zähle nur Bratislava. Und dabei seien die Menschen in Bratislava so unfreundlich.
Die Studentin gibt mir Tipps für Bars und Cafés in Kosice. Dann halten wir beide ein Nickerchen. Bei der Ankunft wünscht die Studentin mir viel Spaß. Sie hoffe, ihre Stadt werde mir gefallen.
2) Ein Tag in Kosice: Lohnt der Weg hierher?
Kosice empfängt mich mit einem modernen Bahnhof und einem hässlichen Bahnhofsvorplatz. Von dort laufe ich zu meinem Hostel. Der Weg führt vorbei an einem Park, wo gerade ein Festival stattfindet und dann bereits quer durch die Stadt. Die zweitgrößte Stadt der Slowakei wirkt dabei klein und überschaubar.
Im Hostel stelle ich nur schnell meine Sachen ab. Ich will Kosice erkunden. Herausfinden, was von der Preisverleihung im Jahr 2013 noch übrig ist und ob all die Reisenden einen Fehler begehen, die die ehemalige Kulturhauptstadt bei ihrer Slowakei Reise links liegen lassen.
3) Von den Ecken und Kanten einer großen Schönheit
Ein Wort, welches Kosice gut beschreibt, ist alternativ. Dabei meine ich nicht so ein trendiges Hipster-Alternativ oder ein Oase-für-Künstler-und-Kreative-Alternativ.
Kosice ist alternativ, weil es nicht geradlinig ist. Es ist, wie als würde die zweitgrößte Stadt der Slowakei verschiedene Socken gleichzeitig tragen.
Vielerorts wirkt die Stadt auf den ersten Blick tief romantisch. Niedrige, bunte Häuschen schlängeln sich an kleinen Gassen entlang. Lässt man den Blick nach oben schweifen, entdeckt man Erker und Verzierungen. Daneben bröckelt die Farbe von den Mauern und die Mülleimer sind mit Graffiti beschmiert.
Ein paar Minuten später eröffnen verkehrsberuhigte Straßen mit Parkstreifen den Blick auf etliche Cafés und Restaurants. An der Kathedrale der Stadt stehen nicht nur einer, sondern gleich mehrere Leierkastenspieler. Einer spielt, die anderen warten auf ihren eigenen Moment.
Eine menge Leute bleiben stehen und hören zu. In Deutschland habe ich schon lange keine Leierkästen mehr gesehen. Und noch länger keine Leute mehr, die eine Pause einlegen, um ihnen zu lauschen.
Ein paar Ecken weiter wieder das vertraute Bild: Die Häuser sehen aus, wie als wären sie gestern erst frisch gestrichen worden. Wären auch hier nicht die vielen Graffitis, die aus der einen Farbe gleich mehrere machen.
Und wenn man das Zentrum einmal verlässt, trifft man auf sterile Wohngegenden im Einheitsstil.
4) Kosice im Wandel
Vielleicht stimmt es, was meine Sitznachbarin auf der Bahnreise sagte: Für viele zählt in der Slowakei nur Bratislava.
Noch vor einigen Jahren war Kosice eine Stadt mit hoher Arbeitslosigkeit und sehr schlechter Wirtschaft. Viele sind fort gezogen, unter anderem nach Bratislava. Möglicherweise sind die Folgen dieser Ignoranz noch immer zu spüren. Vielleicht bröckeln deshalb schon wieder die Fassaden der barocken Häuschen, vielleicht wirkt deshalb Kosice auch schon wieder etwas verschlafen, obwohl die Stadt für ihre kulturelle Vielfalt einst einen Preis gewann.
Seit dem Jahr 2013 geht es der Stadt allerdings tatsächlich deutlich besser. In alten Fabrikräumen haben Co-Working-Plätze, Kleingewerbe und Cafés Einzug gehalten. Es gibt ein paar Hochschulen und immer mehr Unternehmen eröffnen oder expandieren in und um Kosice. Weniger junge Leute ziehen fort und nach und nach nimmt der Tourismus in der Stadt zu.
Dank Kosice ist der Osten der Slowakei kein blinder Fleck auf der Karte des Landes mehr. Tatsächlich ist Kosice überaus schnuckelig und charmant. Gemütlich. Die ehemalige europäische Kulturhauptstadt wickelt einen mit ihrer entspannten Aura schnell um den Finger. Es gibt kein boomendes Nachtleben, aber es gibt doch ausreichend Bars, Cafés und viel Grün, um als Reisender einen oder zwei entspannte Tage zu verbringen.
Ich würde also sagen: Ja, es ist ein großer Fehler, Kosice bei einer Slowakei Reise außen vor zu lassen.
Zusammenfassende Informationen zu Kosice
Kosice hat auch einen Flughafen, der zum Beispiel von Köln/Bonn* mit Wizzair angeflogen wird.
Alternativ fährt z.B. der Flixbus von Deutschland aus dorthin, die Fahrt dauert jedoch um die 20 Stunden.
Mein Highlight zum Arbeiten mit Internet, welches laut Aussage der Mitarbeiter jedoch noch in diesem Jahr schließen soll, war das Café HalmiSpace, wo man sich für ein paar Euro einen Tisch mieten kann. In Kosice gibt es aber auch noch andere Coworking Spaces, zum Beispiel das HUBa oder den Eastcubator.
In Kosice gibt es mittlerweile ein paar Hostels, aber nur eines bei Hostelworld, nämlich das Happy Bull*.
Leider ist das Hostel sehr dunkel und die Raumaufteilung nicht ideal. Um in das 6-Bett-Zimmer zu gelangen, muss man durch einen Raum mit drei weiteren Betten laufen. Dabei knarzt der Boden. Dort findet man bestimmt keinen ruhigen Schlaf. Wett gemacht wird die düstere Atmosphäre um ein vielfaches durch die überaus freundliche und hilfsbereite Mitarbeiterin, deren Freund das Hostel besitzt. Als sie hörte, dass ich als nächstes nach Budapest fahren würde, steckte sie mir am nächsten Tag eine lange Liste mit ihren Lieblingscafés und -restaurants zu. Der kleine Innenhof des Hostels ist wirklich schnuckelig. Und die Lage des Hostels ist auch gut.
Darüber hinaus gibt es in Kosice neben Hotels* überwiegend Pensionen* und private Apartments oder Ferienwohnungen*.
- eine Nacht im Hostel: 13 – 15 €
- eine Hauptmahlzeit im Restaurant: ca. 6 €
- der Zug von Bratislava: 20 €
- ein Kaffee im Café: 1,50 €
Abschließende Worte
Weiterführende Artikel zu Kosice:
- Bei fern&nah landet Christian Öser mit dem Zug in Kosice
- Lena und ihre Familie von Family4travel finden, dass Kosice die schönste Stadt der Slowakei ist
- Stephan und Karolin waren 3 Monate in Kosice
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Wenn Du noch Fragen hast oder etwas über Kosice berichten magst, hinterlasse mir gerne einen Kommentar :-).
Da ich in Bratislava (Pressburg) ein Studium absolviert habe, kenne ich Pressburg recht gut. Als interessant kann lediglich die in Teilen restaurierte Altstadt genannt werden. Den Rest kann man vergessen.
Hallo Karl-Heinz,
vielen Dank für deinen Kommentar. Man erlebt Städte und Orte als Tourist und als Einwohner ja meist unterschiedlich. Mein Eindruck von Bratislava als Tourist war jedenfalls durchaus positiv, auch bei meinen kleinen Spaziergängen außerhalb der Altstadt.
Liebe Grüße,
Marie